Seitdem Donald Trump zum zweiten Mal ins Weiße Haus eingezogen ist, beherrscht die Zollpolitik die Schlagzeilen. Viele wichtige Handelspartner der USA wie die Europäische Union und Großbritannien sind bereits mit höheren Importzöllen belegt worden, mit anderen wie China wird noch verhandelt. US-Unternehmen scheinen einen Teil der Kosten zu schultern. Kommentare aus der Wirtschaft lassen jedoch vermuten, dass die US-Verbraucher künftig einen größeren Teil der Last tragen werden.
Wie sich die höheren Zölle konkret auswirken werden, lässt sich noch nicht abschließend bewerten. Sie könnten aber zu höheren Verbraucherpreisen führen. Der starke Anstieg der Preise nach der Corona-Krise hat gezeigt, dass Zweitrundeneffekte auch bei vermeintlich einmaligen Teuerungsschüben ein echtes Risiko sind. Dadurch ist der Inflationsausblick deutlich unsicherer geworden.
Als De-Facto-Verbrauchssteuer könnten Zölle zu einer größeren Konsumzurückhaltung führen. Gleichzeitig scheint die US-Wirtschaft derzeit an Schwung zu verlieren. Aktuelle Makrodaten zeigen deutliche Anzeichen für einen Rückgang des Konsums, einen schwächeren Arbeitsmarkt und einen durch eine „Bezahlbarkeitskrise“ unter Druck stehenden Immobilienmarkt. Höhere Zölle könnten das Wachstum in den USA zusätzlich dämpfen und so den Wachstumsschub durch Trumps Steuer- und Ausgabengesetz „One Big Beautiful Bill Act” aufheben.
Mit einer Rezession rechnen wir allerdings nicht, da mehrere Faktoren die Wirtschaft stützen – zum Beispiel der starke Dienstleistungssektor, die KI-/Technologierevolution und positive Vermögenseffekte durch den robusten Aktienmarkt.
BIP-Schätzungen signalisieren schwächeres Wachstum
Goldlöckchen-Szenario oder Einbruch?
Die starke Dienstleistungsbasis könnte eine Schwäche zyklischer Sektoren wie Industrie oder Wohnungsbau abfedern. Der im Zusammenhang mit dem KI-Boom derzeit zu beobachtende Anstieg der Investitionen in IT-Infrastruktur könnte die Wirtschaft ankurbeln und letztlich zu Produktivitätssteigerungen führen.
Im aktuellen makroökonomischen Szenario rechnen wir mit einer allmählichen Lockerung der Geldpolitik durch die US-Notenbank (Fed). Insbesondere nach den jüngsten Korrekturen der US-Beschäftigungszahlen halten wir die aktuellen Markterwartungen an Zinssenkungen für realistisch. Eine drastische Eintrübung am Arbeitsmarkt könnte die Fed zu schnelleren Zinssenkungen veranlassen – im Falle einer zollbedingt höheren oder hartnäckigeren Inflation könnte sie ihr Lockerungstempo jedoch überdenken.
Trumps andauernder Streit mit der Fed hat Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der Zentralbank aufkommen lassen. Das hat für zusätzliche Unsicherheit gesorgt. Auch der fiskalpolitische Kurs der USA bleibt höchst ungewiss, und wir sehen keine Anzeichen für eine Bereitschaft der Regierung, strukturelle Anpassungen vorzunehmen, um das Defizitproblem anzugehen.
Zinssenkungen außerhalb der USA
Außerhalb der USA zeigt sich ein anderes Bild. Eine sich abzeichnende Wachstumsverlangsamung in Verbindung mit der Annäherung der Inflation an ihre Zielwerte hat große Zentralbanken wie die Europäische Zentralbank, die australische RBA und die neuseeländische RBNZ dazu veranlasst, ihre Geldpolitik zu lockern, und ein förderliches Umfeld für die Staats- und Unternehmensanleihen geschaffen.
Im Hinblick auf die Fiskalpolitik könnte sich der anfängliche Optimismus, den die deutsche Bundesregierung mit ihrem riesigen Finanzpaket geschürt hat, zum Teil zerschlagen. Wir beobachten eine zunehmende Komplexität beim Einsatz neuer Finanzmittel in Deutschland, wo langwierige Beschaffungsprozesse und unzureichende industrielle Kapazitäten die Mittelverwendung schwieriger machen könnten als die Genehmigung der Ausgaben.
Die europäische Industrie kämpft mit Herausforderungen wie der zunehmenden Konkurrenz aus China und höheren Energiekosten als weltweite Wettbewerber. In Frankreich sieht die Haushaltslage weiterhin düster aus und die aktuelle politische Konstellation macht strukturelle Anpassungen kaum umsetzbar. Ein Lichtblick sind weiterhin die europäischen „Peripherieländer“, die Fortschritte bei der Rückführung ihrer BIP-Schuldenquoten machen und von einer starken Tourismusindustrie profitieren.
Während Großbritannien mit einer hartnäckig hohen Inflation und angespannten Haushaltslage zu kämpfen hat, glauben wir, dass die jüngsten Inflationssorgen überzogen sein könnten. Das Wirtschaftswachstum seit der Corona-Krise ist eher enttäuschend ausgefallen und nicht viel besser als in der Eurozone. Mit Nachlassen der volatilen und vorübergehenden Inflationskomponenten dürfte die Teuerung in Großbritannien allmählich zurückgehen. Das wird der Bank of England Spielraum für mehr Zinssenkungen verschaffen, als derzeit erwartet werden.
Auswirkungen auf die Anleihenmärkte
Aufgrund der zollbedingten Inflation sind wir weniger optimistisch in Bezug auf die US-Duration. Die von den Märkten aktuell eingepreisten Erwartungen an Zinssenkungen in den USA erscheinen zwar recht realistisch – es könnte aber sowohl Aufwärts- als auch Abwärtsrisiken geben. Sorgen über die hohe Staatsverschuldung der USA dürften lang laufende Staatsanleihen unter Druck setzen, sodass die Renditekurve noch steiler werden könnte.
Insgesamt sehen wir derzeit die besten Chancen bei Nicht-US-Anleihen. In Großbritannien, Australien, Neuseeland und der Eurozone sind die Staatsanleihenrenditen weiterhin relativ hoch und die Zentralbanken könnten Spielraum für weitere Zinssenkungen haben. In den Schwellenmärkten sehen wir weiterhin Wertpotenzial bei Lokalwährungsanleihen von Ländern wie Brasilien und Mexiko.
Außerdem sind wir vorsichtig konstruktiv in Bezug auf das Kreditrisiko. Auch wenn die Spreads im historischen Vergleich eng sind, sprechen zahlreiche Faktoren wie die Fundamentaldaten und markttechnische Aspekte weiterhin für Unternehmensanleihen. Das sollte defensive Sektoren wie Kommunikationsdienste, Gesundheit und Basiskonsumgüter stützen. Auch bei Anleihen aus dem Finanzsektor sehen wir Relative-Value-Chancen, während der Energiesektor vom steigenden Energiebedarf durch die KI-Revolution profitieren könnte.

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