Für viele Aktienanleger war der US-Markt lange Zeit erste Wahl, insbesondere seit der globalen Finanzkrise von 2007/2008. In jüngster Zeit wurde dieses Phänomen durch den scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg der „Magnificent 7“ (Nvidia, Microsoft, Apple, Amazon, Alphabet, Meta und Tesla) noch ausgeprägter. In der Folge hat die Konzentration am US-Aktienmarkt stark zugenommen. Ende 2024 machten diese sieben Unternehmen ein Drittel des S&P 500 aus (seither haben sie mit der Performance dieses Index nicht mehr mithalten können).
Für passive Anleger schien es lange Zeit kaum Nachteile zu geben. Solange der Aufstieg der „Magnificent 7“ und der Glaube an die Ausnahmestellung der USA anhielten, schien eine Konzentration auf US-Aktien über ein passives Instrument die richtige Strategie zu sein.
Inzwischen haben wir es jedoch mit einem ganz anderen Umfeld zu tun. Zum einen haben andere globale Aktienmärkte den US-Markt abgehängt, seitdem sich die Markterwartungen an eine Wiederholung der relativ moderaten US-Politik in Trumps erster Amtszeit unter Trump 2.0 nicht bewahrheitet haben. Zum anderen hegen die Anleger Zweifel daran, ob sich die hohen Forschungs- und Entwicklungsausgaben der amerikanischen Tech-Giganten rechnen werden. Die Vorstellung des KI-Modells des chinesischen Startups DeepSeek, das zu einem Bruchteil der Kosten vergleichbarer Systeme von US-Konkurrenten entwickelt wurde, schien diese Sorgen zu bestätigen. Schließlich unterminiert die zunehmend unvorhersehbare Politik der USA die Stellung der US-Kapitalmärkte als „sicherem Hafen“ für Anleger.
Auf struktureller und fundamentaler Ebene hatten ausländische Investoren mit überschüssigen Ersparnissen im Vertrauen auf eine steigende Währung und höhere Anlagerenditen lange Zeit bereitwillig das wachsende US-Defizit finanziert. Inzwischen ist auf dieses Wechselspiel jedoch kein Verlass mehr. Sehr deutlich wird das an der Beziehung zwischen US-Dollar und US-Anleihenrenditen. Höhere US-Anleihenrenditen gelten normalerweise als Hinweis auf eine gute Konjunktur. In jüngster Zeit sind die Anleihenrenditen im Zuge der politischen Unsicherheit und zunehmenden Sorgen über die Finanzlage der USA jedoch gestiegen, weil US-Anleihen dadurch als riskanter eingeschätzt werden und der Dollar an Wert verliert. Eine derartige Entwicklung ist häufiger in weniger entwickelten Märkten zu beobachten.
Kurzum: Die Argumente für die Sonderstellung der USA, die hinter den immer höheren Anlageflüssen in US-Aktien standen, überzeugen nicht mehr.
In der Vergangenheit mögen die Anlagerenditen in den USA höhere Bewertungen gerechtfertigt haben. Heute ist das nicht mehr unbedingt der Fall, wie die nachstehende Grafik zeigt.
Höhere US-Aktienbewertungen möglicherweise nicht mehr durch bessere Fundamentaldaten gerechtfertigt
Wie die folgende Abbildung zeigt, sind Nicht-US-Märkte im Vergleich zum US-Aktienmarkt weiterhin günstig (wenn auch weniger günstig gemessen an ihrem historischen Durchschnitt).
Im Vergleich zu den USA sind Nicht-US-Märkte günstig
Wir sehen Hinweise auf eine Rückkehr zu einem normaleren Zinsumfeld mit höheren Zinsen und größeren Divergenzen zwischen den globalen makroökonomischen und geldpolitischen Zyklen. Dadurch ist mit geringeren Korrelationen zwischen und innerhalb von Anlageklassen zu rechnen, was die Diversifikation noch wichtiger macht.
Die allgemeine Unsicherheit mindert die Attraktivität passiver Strategien, die in bestimmte Regionen oder Anlageklassen investieren und nur auf das Markt-Beta abzielen. Außerdem erleben wir derzeit eine Rückkehr zu einer im historischen Vergleich höheren Renditestreuung auf Einzeltitelebene. Das Marktumfeld ist aktuell sehr idiosynkratisch geprägt, mit hohen und steigenden Sharpe Ratios über alle fundamentalen Faktoren hinweg. Mit anderen Worten: Es gibt jede Menge idiosynkratische Anlagechancen.
Wo und wie sollten Anleger investieren?
Die jüngsten Entwicklungen sind ein Weckruf für Anleger, ihre Portfolios besser zu diversifizieren, insbesondere durch ein größeres Engagement in Märkten außerhalb der USA. Außerdem stellen Anleger in Frage, wie „global“ globale Fonds wirklich sind, da sie zu mehr als 70% in US-Anlagen investiert sind. So hat das Interesse an internationalen Märkten zugenommen – zum Beispiel an Europa, Asien und bestimmten Schwellenmärkten. Nicht-US-Märkte sind zunehmend gefragt.
In diesem Zusammenhang spricht einiges für europäische Aktien, darunter die folgenden strukturellen Faktoren:
- die europäische Spar- und Investitionsunion, mit der die EU die schätzungsweise 33 Bill. € an privaten Ersparnissen ihrer Verbraucher in Investitionen lenken will
- das neue Sondervermögen, mit dem Deutschland theoretisch unbegrenzt viel Geld in Verteidigung investieren kann, und der 500 Mrd. € schwere Infrastrukturfonds der neuen Bundesregierung
- Anzeichen für eine wachsende Erkenntnis unter politischen Entscheidungsträgern in Europa, dass die Finanzierung höherer Verteidigungsausgaben und die Erlangung der Technologie- und Energieunabhängigkeit eine stärkere Unterstützung heimischer Unternehmen und Branchen erfordert.
Die Anlagezuflüsse in diese Regionen haben bereits zugenommen.
Ein Beispiel für eine Branche, die wieder mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist der europäische Bankensektor (siehe Abbildung unten).
Europäische Banken haben besser abgeschnitten als US-Tech-Megacaps
Gesamtrendite. Indexiert auf 100 im Jan. 2022
Quelle: Goldman Sachs, Stand 2. Juni 2025.
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Hinweis auf die aktuelle oder zukünftige Performance.
Der Finanzsektor bietet sowohl Chancen durch strukturelles Wachstum als auch zyklische Beta-Chancen und umfasst verschiedene Teilsektoren, die in unterschiedlichen Zinsumgebungen florieren können.
Auch in Asien bieten sich bedeutende Anlagechancen. In einer multipolaren Welt stehen die Stärkung und Diversifikation der lokalen Lieferketten im Fokus, und unabhängig von der Einschätzung zu China wären geringere Zollerhöhungen positiv für die Region. Die praktischen Auswirkungen einer Rückverlagerung der Produktion in die USA wie höhere iPhone-Preise für US-Verbraucher haben die US-Regierung bereits dazu veranlasst, bei ihren aggressiven Zollplänen zurückzurudern. Fortschritte in der künstlichen Intelligenz werden Ländern wie Korea und Taiwan zugutekommen. Mit ihrer starken Positionierung im Technologie-Hardware-Bereich sind diese Länder gut aufgestellt, um von den positiven sekundären Effekten der KI-Revolution zu profitieren. Außerdem gibt es in der Region ein breites Spektrum an investierbaren Unternehmen – von cashflow-starken Börsenschwergewichten bis hin zu wachstumsstarken kleineren Tech-Firmen.
Der Investment Case für Japan hat sich grundlegend verändert. Die Normalisierung des Inflationsumfelds ermöglicht wieder ein strukturell stärkeres nominales BIP-Wachstum. Außerdem sollte Japan von der Herausbildung einer multipolaren Weltordnung und dem Trend zum „Friendshoring“ profitieren, der Verlagerung von Produktionskapazitäten in Länder, die dem Hauptabsatzland politisch näher stehen – zumal Japan in einem positiveren Licht gesehen wird als andere große Länder der Region. Darüber hinaus erlebt Japan einen eigenen strukturellen Bullenmarkt, unterstützt durch die höheren Eigenkapitalrenditen und das stärkere Gewinnwachstum der japanischen Unternehmen sowie die jüngsten Bewertungskorrekturen. Schließlich dürfte die erfolgreiche Liberalisierung des Nippon Individual Savings Account (NISA) zu einem stärkeren Engagement privater Anleger am heimischen Aktienmarkt führen.
Auch Indien schöpft sein Potenzial weiter aus. Indiens demografische Dividende, effektive Strukturreformen und Agilität in der Bewältigung der globalen Unsicherheit sprechen eindeutig für das Land.
Die Welt verändert sich. Stehen wir an einem Wendepunkt in den Kapitalallokationen der Investoren? Für Anleger hat die Diversifikation aktuell höchste Priorität. Dadurch eröffnen sich klare Chancen für Nicht-US-Aktien. Ein Engagement in internationalen Märkten trägt nicht nur zur Diversifikation bei, sondern eröffnet auch zunehmend interessante Renditechancen. Es spricht viel dafür, dass wir an der Schwelle zu einer neuen Ära für globale Kapitalanlagen stehen, in der Nicht-US-Aktien wieder eine strategischere Rolle in der Portfolioallokation einnehmen.
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