Ausblick 2023: Warum 2023 ein gutes Jahr für Schwellenländeranleihen werden könnte
Nach einem besonders schwierigen Jahr für Anleihenanleger erläutern Alejandro Arevalo und Reza Karim, warum es Gründe für einen optimistischen Ausblick für Schwellenländeranleihen gibt.


Was also sind die potenziellen Renditetreiber der Anlageklasse? Wir sehen zwei mögliche positive Impulse: eine Kehrtwende der US-Notenbank (Fed) und einen politischen Kurswechsel in China. Am Markt wird jetzt nicht mehr die Frage gestellt, ob diese Trendwenden kommen werden, sondern wann sie kommen. Wir erwarten, dass die Fed die Zinsen noch länger als ursprünglich erwartet straffen wird, wenn auch nicht so aggressiv wie zuletzt. Allerdings glauben wir auch, dass die Märkte dies inzwischen weitgehend eingepreist haben. Daher dürfte die von der „Zinskomponente“ der EMD-Anlageklasse ausgehende Volatilität künftig nachlassen. Unterdessen ist China auf eine expansivere Fiskal- und Geldpolitik umgeschwenkt. Eine nennenswerte Wiedereröffnung der Wirtschaft vor März 2023, wenn die neue Regierung die Arbeit aufnimmt, halten wir jedoch für unwahrscheinlich.
Wir sind besonders optimistisch für Lateinamerika. Die Inflation scheint in der Region ihren Höhepunkt erreicht zu haben, und einige Zentralbanken nähern sich bereits dem Ende ihres Zinsstraffungszyklus. Brasilien und Mexiko zum Beispiel hatten deutlich vor den USA, in der ersten Jahreshälfte 2021, mit der Straffung der Zinsen begonnen. Außerdem ist das Wachstum in der Region überraschend positiv und viele Länder haben eine starke Handelsbilanz. Darüber hinaus haben wir nach einigen Jahren der Ungewissheit das Ende des politischen Zyklus erreicht, da die größten Länder vor kurzem ihre Wahlen abgehalten haben. Die Wahlergebnisse haben zwar dazu geführt, dass einige linke oder weniger marktfreundliche Regierungen an die Macht gekommen sind. Der Schaden in Bezug auf eine expansivere Fiskalpolitik ist bislang jedoch begrenzt geblieben.
Abgesehen davon schätzen wir auch den Nahen Osten. Die Region profitiert ganz klar von der Entwicklung der Öl- und Gaspreise in den letzten zwei Jahren, durch die sich die Haushaltslage dieser Staaten im Jahr 2022 erheblich verbessert hat. Wir glauben, dass die positive Wirkung dieser Entwicklungen in der Region auf Jahre hinaus zu spüren sein wird. Die Anleihen von Energieunternehmen haben dies bereits weitgehend eingepreist. Wir sehen aber andere Marktbereiche, die indirekt profitieren könnten und attraktiver bewertet erscheinen, wie zum Beispiel der Immobiliensektor.
Auch in Afrika finden wir einige gute Anlagechancen, vor allem bei Anleihen, die nach dem starken Ausverkauf der dortigen Staatsanleihen bereits auf Distressed-Niveau notieren. Selbst wenn einige dieser Anleihen ausfallen sollten, können wir uns kaum vorstellen, dass es so schlimm kommen wird, wie es das Preisniveau hier signalisiert.
Obwohl es manchmal Fehlwahrnehmungen in Bezug auf das Risiko einer Anlage in Unternehmensanleihen aus Schwellenländern gibt, bleibt festzuhalten, dass die Ausfallrate in diesem Universum bei gerade einmal 1,2% liegt, wenn man einmal von besonderen Fällen – Russland, Ukraine und chinesische Immobilienentwickler – absieht.1
Darüber hinaus haben Unternehmensanleihen aus Schwellenländern in den letzten 20 Jahren nur drei Verlustjahre gehabt (wobei sie voraussichtlich auch 2022 mit einem negativen Vorzeichen abschließen werden).
EM-Unternehmensanleihen bieten aktuell rekordhohe Fälligkeitsrenditen (YTM). Im Vergleich zu EM-Staatsanleihen haben EM-Unternehmensanleihen in der Regel aber auch eine viel kürzere Duration. Das bedeutet, dass Anleger diese Rendite in einer relativ kurzen Zeitspanne realisieren können, sofern es nicht zu einem Ausfall kommt. Ein bedeutender Anteil dieser Anleihen läuft aber regelmäßig bis zur Fälligkeit. Darüber hinaus können sich Anleger mit Unternehmensanleihen differenzierter positionieren als mit Staatsanleihen. Beispielsweise können sie Branchen bevorzugen, die von stärkerem Rückenwind profitieren, und Sektoren meiden, die in einer bestimmten Phase des Konjunkturzyklus mit stärkerem Gegenwind zu kämpfen haben dürften.
Trotz des allgemeinen Anstiegs der EMD-Renditen gibt es auch einige Bereiche, in denen Vorsicht geboten ist, darunter der chinesische Immobiliensektor. Chinas offizielles Wachstumsziel von 5,5 % scheint außer Reichweite zu sein, und die bisher eingeleiteten Maßnahmen zur Stärkung des Immobiliensektors haben noch wenig Wirkung gezeigt. Dennoch glauben wir, dass sich die Stimmung hier etwas verbessern könnte.
Es gibt auch einige Risiken im Zusammenhang mit der Refinanzierung. In diesem Jahr wurden so wenig Unternehmens- und Staatsanleihen emittiert wie seit zehn Jahren nicht mehr. Positiv zu vermerken ist, dass die lokalen Märkte viel tiefer geworden sind und viele Emittenten nun in der Lage sind, sich auf den lokalen Märkten in ihrer eigenen Währung zu refinanzieren, um erhebliche Diskrepanzen zwischen ihren Vermögenswerten und Verbindlichkeiten zu vermeiden. Für eine diversifizierte Finanzierungsbasis werden Unternehmen und Staaten ab einem gewissen Punkt jedoch Zugang zu internationalen Märkten benötigen.
In den Schwellenmärkten sind Kurzschlussreaktionen von Anlegern nicht ungewöhnlich. Oft wird hier übereilt und unüberlegt verkauft. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass unser Anlageuniversum 60 Länder mit Investment-Grade- und Hochzinsanleihen umfasst. Diese Länder könnten sich in unterschiedlichen Phasen des Konjunkturzyklus befinden und von den gleichen Ereignissen unterschiedlich betroffen sein. Bei einem differenzierten Ansatz werden derart pauschale Ausverkäufe zu Gelegenheiten, um Zugang zu vielen attraktiven Anlagechancen mit starken Fundamentaldaten zu erhalten.
Ausblick 2023: Erfolgsstrategien für eine neue Welt
Unser Investmentausblick 2023 bündelt die Einschätzungen und Analysen unserer führenden Fondsmanager und zeigt, welche Chancen und Herausforderungen das kommende Jahr ihrer Ansicht nach bereithalten wird.
Ein wesentliches Merkmal des Investmentansatzes von Jupiter ist, dass wir unseren Fondsmanagern keine Hausmeinung aufdrücken, sondern ihnen die Freiheit geben, eigene Ansichten zu den Anlageklassen zu formulieren, auf die sie sich spezialisiert haben. Daher ist zu beachten, dass alle geäußerten Ansichten – einschließlich derjenigen, die sich auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Erwägungen beziehen – die des Autors/der Autoren sind und von den Ansichten anderer Jupiter-Anlageexperten abweichen können.
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