Die weltweiten Ereignisse seit Veröffentlichung des Abschlussberichts der letztjährigen Klimakonferenz, COP26, machen mehr denn je deutlich, dass ein geordneter und integrativer Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft, der sowohl das Klima als auch das Naturkapital berücksichtigt, dringend erforderlich ist, um das soziale und wirtschaftliche Wohlergehen sowie die Umwelt zu sichern. Die Schwierigkeiten, mit denen wir uns aktuell konfrontiert sehen – hohe Energiekosten, Lieferengpässe durch konzentrierte Lieferketten, chronische und akute Schäden durch Naturkatastrophen – sind keine unvermeidlichen Begleiterscheinungen des Übergangs zu einem kohlenstoffarmen und natur-positiven System. Sie sind vielmehr eine deutliche Mahnung, dass wir zu langsam agieren und zu wenig tun.

Vor diesem Hintergrund kamen die Staats- und Regierungschefs der Welt in diesem Monat zur 27. Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP 27) in Ägypten zusammen. Zunehmend verärgert über die mangelnde Unterstützung der Industrieländer bei der Bewältigung der immer deutlicher werdenden physischen Klimarisiken, hatten die Entwicklungsländer die Anpassung an den Klimawandel und die Finanzierung der dafür erforderlichen Maßnahmen zu einem der wichtigsten Verhandlungspunkte der COP27 gemacht.

Zu den für die Anpassung an und Vorbereitung auf den Klimawandel erforderlichen Maßnahmen gehören zum Beispiel Verbesserungen der Infrastruktur zur Bewältigung von Überschwemmungen und steigenden Temperaturen oder Maßnahmen zur Stärkung der Resilienz der natürlichen Ökosysteme, Städte und Gemeinden. Was jetzt getan wird, um den Klimawandel einzudämmen1, hat unmittelbare Auswirkungen auf das Ausmaß der in Zukunft erforderlichen Anpassungsmaßnahmen.

Dennoch signalisieren die Klimaszenarien im sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) zu den naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels, dass der Planet allein aufgrund der bestehenden Konzentration von Treibhausgasemissionen in der Atmosphäre noch jahrzehntelang Klimaveränderungen ausgesetzt sein wird. Trotz der damit einhergehenden Risiken fließt der Großteil der Klimafinanzierungen nach wie vor in den Klimaschutz. Laut einer Studie des Climate Policy Institute waren 2021 nur 7% aller Klimafinanzierungen für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel bestimmt.2 Nach Angaben der Climate Bonds Initiative wurden 2021 immer noch nur 4% der Erlöse aus grünen Anleihen für Maßnahmen zur Klimaanpassung und Stärkung der Resilienz ausgegeben, nach 2% im Jahr 20203.

Lösungen für die Klimaanpassung machen nur einen kleinen Anteil des Anlageuniversums unserer Environmental Solutions Strategien aus. Hinderlich sind in diesem Bereich vor allem eine hohe Abhängigkeit von öffentlichen Mitteln, der starke Schwerpunkt in Entwicklungsländern, unzureichende Projektgrößen und Wissenslücken. Wir gehen jedoch davon aus, dass sich das Anlageuniversum vergrößern wird, wenn die Klimaanpassung auf der politischen Agenda weiter nach oben rückt, das Konzept besser verstanden wird und Unternehmen aus dem privaten Sektor im Zuge der TCFD-Berichtspflicht zunehmend Klimarisiken adressieren müssen. Wasser und Landwirtschaft werden wahrscheinlich die wichtigsten Schwerpunktbereiche sein. Wie die folgende Abbildung zeigt, konzentrieren sich die von der Weltbank herausgegebenen Empfehlungen für Anpassungsmaßnahmen vor allem auf diese beiden Sektoren.

Distribution of adaptation and mitigation recommendations, by sector

Distribution of adaptation and mitigation recommendations, by sector
Quelle: Weltbank-Bericht „Climate and Development: An Agenda for Action.“ Verfügbar unter: CCDR-SynthesisReport.pdf (worldbank.org)
Unsere Environmental Solutions Strategien investieren in sechs Umweltthemen, von denen Nachhaltige Ozeane und Süßwassersysteme die größten Überschneidungen mit dem Thema Klimaanpassung aufweisen. Beispiele sind unsere Positionen in einem US-Unternehmen für Regenwassermanagement und einem britischen Projekt, bei dem es um den Aufbau von Infrastruktur für das Hochwasser- und Abwassermanagement geht, mit der größere und stärker schwankende Niederschlagsmengen besser zu bewältigen sein werden. In dem Maße, in dem das Bewusstsein für die physischen Risiken des Klimawandels und die Notwendigkeit der Anpassung an diese Veränderungen wächst, steigt auch die Bedeutung dieser Dienstleistungen und der dahinterstehenden Vermögenswerte.

Anleger können nicht nur durch direkte Projekte oder Dienstleistungen am Potenzial von Lösungen zur Anpassung an den Klimawandel partizipieren. Ein derartiges Engagement kann auch in Klimaschutz- oder Biodiversitätslösungen integriert werden, indem entsprechende positive Nebeneffekte (Co-Benefits) von Klimaschutzmaßnahmen gefördert oder Zielkonflikte gemanagt werden. Durch die Bereitstellung von Lösungen, die sowohl den Klimaschutz als auch die Anpassung an den Klimawandel fördern, kann vermieden werden, dass Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen um Kapital „konkurrieren“. Dadurch dürften derartige Lösungen ein erhebliches Wachstum verzeichnen.

Das globale Ernährungssystem ist ein gutes Beispiel. Es ist für 24% der weltweiten Emissionen verantwortlich4 und trägt wesentlich zur Erschöpfung der Süßwasserreserven und zur Abholzung der Wälder bei. Die Politik steht vor der schwierigen Aufgabe herauszufinden, wie das globale Ernährungssystem dekarbonisiert werden kann, während viele Menschen ihre Lebensmittelrechnungen kaum mehr bezahlen können. Lösungen werden aus einer Vielzahl von Optionen sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite kommen müssen, wie in der Abbildung unten dargestellt.

Food systems emissions trajectory and mitigation potentials by transformation domain

Quelle: Umweltprogramm der Vereinten Nationen 2022: „Emissions Gap Report: The Closing Window – Climate crisis calls for rapid transformation of societies.“ Verfügbar unter: Emissions Gap Report 2022 (unep.org)
Viele dieser Klimaschutzlösungen haben positive Nebeneffekte in Bezug auf die Klimaanpassung. Beispiele sind Beiträge zur Bodengesundheit, durch die die Erosion verringert werden kann, oder zum Erhalt von Feuchtgebieten, die einen Puffer für Extremwetterereignisse bieten. Eine effektive Umgestaltung des Ernährungssystems erfordert einen interdisziplinären Ansatz, der das komplexe Gefüge der Wasser-, Ernährungs-, Energie- und Klimasysteme genauso berücksichtigt wie die wechselseitigen Co-Benefits von Lösungen für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel. Unternehmen und Wertpapiere, die Lösungen für diese verschiedenen Bereiche anbieten, sind langfristig gut aufgestellt.

Entwicklungsbanken berücksichtigen die Wechselwirkungen von Entwicklungs- und Umweltfaktoren bei ihrer Tätigkeit. Bei der Bereitstellung von Klimafinanzierungen werden diese Institutionen vermutlich eine zunehmend wichtige Rolle spielen, da die Industrieländer sie als Mechanismus zur Einlösung ihrer diesbezüglichen Zusagen an die Entwicklungsländer nutzen könnten. Die Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen spielt eine zunehmend bedeutende Rolle in ihren Strategien. Für ihren Klima-Aktionsplan 2021-25 hat sich die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD) das Ziel gesetzt, mindestens 50% der Klimafinanzierungsmittel für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu verwenden5.

Im Anleihenportfolio unserer Strategien halten wir grüne Anleihen von Entwicklungsbanken. Gemäß der Zweckbindung ihrer Erlösverwendung bieten diese Instrumente Einblick in individuelle Projekte. Dadurch können wir verfolgen und bewerten, wie die Anpassungsfinanzierungen eingesetzt werden. Die Green Bonds der IBRD zum Beispiel dienen unter anderem zur Finanzierung eines integrierten Bewässerungssystems für eine klimaresiliente Landwirtschaft in Odisha, Indien. Dieses Projekt umfasst die Bereiche Ernährungssicherheit, Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel und trägt so zu verschiedenen politischen Zielen bei. Die wachsende strategische Bedeutung dieser Finanzierungen untermauert wiederum die Resilienz der betreffenden Kreditanlagen.

Die Herausforderung, schnelle Lösungen für Umweltprobleme zu finden, wird dieses Jahrzehnt und wahrscheinlich das gesamte 21. Jahrhundert bestimmen. Die weltweiten Regierungen erkennen zunehmend, dass der Finanzsektor bei der Bewältigung dieser Herausforderung eine bedeutende Rolle spielen wird, da dieser Übergangsprozess nie dagewesene öffentliche und private Investitionen in die Entwicklung von Umwelttechnologien zur Eindämmung des Klimawandels und Anpassung an seine Folgen sowie zur Wiederherstellung des natürlichen Kapitals erfordern wird. Die COP27 allein wird keinen tiefgreifenden Wandel herbeiführen. Erfolgreiche Verhandlungen würden jedoch einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die laufenden Fortschritte weiter voranzutreiben.
1 Der Begriff Klimaschutz bezieht sich auf Maßnahmen zur Verringerung des Bestands an Treibhausgasen in der Atmosphäre sowie des weiteren Ausstoßes von Treibhausgasen.
2 Climate Policy Initiative. Global Landscape of Climate Finance 2021. Verfügbar unter: Global Landscape of Climate Finance 2021 – CPI (climatepolicyinitiative.org)
3 Quelle: Climate Bonds Initiative.
4 WWF und UNEP. Enhancing NDCs for Food Systems. Verfügbar unter: 200814_WWF_NDC_Food_V12.indd (panda.org)
5 Weltbank-Gruppe, „Climate and Development: An Agenda for Action.“ Verfügbar unter: CCDR-SynthesisReport.pdf (worldbank.org)

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