Im zurückliegenden Monat hat sich die kurzfristige Ausrichtung der US-Notenbank (Fed) deutlich verändert, beginnend mit der Veröffentlichung des Fed-Protokolls am 5. Januar, das von Fed-Chef Powell in der Pressekonferenz zur Januar-Sitzung in großen Teilen noch einmal bekräftigt wurde.

 

In Washington ist die Inflation ein heißes und potenziell spaltendes Thema und die Fed scheint entschlossen, die Teuerung einzudämmen – um fast jeden Preis: Die Märkte sehen die Wahrscheinlichkeit, dass die Zinsen im März um mindestens 25 Basispunkte (Bps) angehoben werden, inzwischen bei 100%, und die Fed selbst hat die Möglichkeit ins Spiel gebracht, die Zinsen im Rahmen ihrer regelmäßigen Sitzungen im Frühjahr und Sommer monatlich zu erhöhen.

 

Zur Erinnerung: Im letzten Zinsstraffungszyklus, vor sechs Jahren, hatte sich die Fed noch auf vierteljährliche Zinsschritte beschränkt. Aktuell haben die Märkte allein für die nächsten zwölf Monate fünf Zinserhöhungen eingepreist, gefolgt von weiteren Zinsschritten im Jahr 2023. Die Fed hat sich von den jüngsten Marktbewegungen bislang unbeeindruckt gezeigt und scheint die Volatilität der Aktien- und Kreditmärkte zumindest vorläufig als angemessene Korrektur zu betrachten. Zugegebenermaßen haben sich die Kreditmärkte bislang auch tatsächlich relativ widerstandsfähig gezeigt. Wir halten die aktuellen Fed-Pläne für eine Überreaktion auf eine weitgehend vorübergehend erhöhte Inflation sowie auf den politischen Druck im Vorfeld der Zwischenwahlen („Midterms“) im November. Joe Bidens jüngste PR-Panne1 hat gezeigt, dass die Inflation für die Demokraten ein hochpolitisches Thema ist: Bei unwissentlich eingeschaltetem Mikrofon beschimpfte Biden einen Journalisten, der ihn gefragt hatte, ob die hohe Inflation den Demokraten bei den Midterms schaden könnte.

 

Wir halten die Inflation weiter für ein temporäres Phänomen und gehen davon aus, dass der Preisdruck wieder abnehmen wird, wenn die Lieferengpässe nachlassen und die Menschen zur Arbeit zurückkehren. Daher glauben wir auch, dass die Fed und die Märkte aktuell überreagieren. Die Teuerung wird sich allmählich abschwächen – die ersten Anzeichen dafür sind in den Einkaufsmanagerindex- und Lagerbestandsdaten zu erkennen – und das wird der Fed im weiteren Verlauf dieses Jahres wieder mehr Spielraum verschaffen. Die Frage ist, wie viel Schaden die Fed mit ihrer schnelleren Straffung anrichten wird, bevor sie ihren Kurs ändert.

 

Die aktuelle Marktvolatilität ist natürlich zum Teil eine Reaktion auf die verringerte Liquiditätszufuhr. Sie zeigt aber auch, dass die Märkte weiterhin befürchten, die Fed könne einen politischen Fehltritt begehen: Die flacheren Zinskurven zeigen, dass die Märkte höhere kurzfristige Zinsen auf Kosten des längerfristigen Wachstums einpreisen, das durch die restriktivere Geldpolitik ausgebremst wird.

 

Wir halten die Anzahl der aktuell eingepreisten Zinserhöhungen für zu hoch gegriffen. Auch sind die Zinskurven relativ flach: Im Dezember 2015 betrug die Renditedifferenz zwischen 5- und 30-jährigen US-Staatsanleihen 1,3% (d. h. die 30-jährige Treasury rentierte um 1,3% über der 5-jährigen US-Staatsanleihe). In den folgenden zweieinhalb Jahren schrumpfte dieser Abstand fast auf null, bevor sich die Fed gezwungen sah, das Tempo der Straffung zu verringern. Nach einem Höchststand von 1,5% im ersten Quartal 2021 ist diese Differenz durch die Erwartung einer restriktiveren Geldpolitik auf aktuell 0,5% gesunken. Inzwischen hat die Fed deutlich weniger Spielraum für eine weitere Straffung der Geldpolitik, bevor die Zinskurve invertiert und sie erneut einen Kurswechsel vornehmen muss.

 

Wie unsere Analyse zudem zeigt, sind die Fundamentaldaten der Unternehmen auf kurze Sicht zwar durchaus solide, da sich insbesondere die Unternehmensgewinne im Zuge der Wiedereröffnung der globalen Wirtschaft noch eine ganze Weile positiv entwickeln könnten. Allerdings scheint der Markt zu unterschätzen, wie schnell sich die Inflation und das Wachstum im weiteren Jahresverlauf abschwächen werden. Wir sehen eine Kombination von Faktoren, die das Wachstum dämpfen werden: ein Ende des Ausgabenschubs bei langlebigen Gebrauchsgütern (der im späteren Jahresverlauf zu sinkenden Güterpreisen führen wird), den nennenswerten Vorratsaufbau in Q4 2021, die negativen Auswirkungen der kurzfristigen Inflation auf das Verbrauchervertrauen, eine deutliche Rücknahme der Stimulusmaßnahmen im Vergleich zu 2020 und 2021, eine politische Pattsituation in den USA, deutlich höhere Energiekosten und eine strukturelle Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik in China. Die wachstumshemmende Wirkung dieser Faktoren wird im weiteren Verlauf dieses Jahres deutlicher werden.

 

Darüber hinaus hat es in den letzten zwölf Monaten weltweit fast 100 Zinserhöhungen gegeben – vor allem in Schwellenmärkten. Diese Zinserhöhungen werden zunehmend Wirkung zeigen und das Wachstum ebenfalls früher oder später verringern. Weitere wachstums- und inflationsmindernde Faktoren, auf die wir immer wieder verweisen, sind die schwache demografische Entwicklung und die Überschuldung.

 

In Verbindung mit der Entschlossenheit der Fed, die Geldpolitik rasch zu straffen, dürften diese Faktoren zu einer anhaltenden Volatilität risikoreicherer Anlagen sowie zu einem schwächeren Wachstum und einer geringeren Inflation führen. Vor diesem Hintergrund sollte die Fed im weiteren Jahresverlauf in der Lage sein (oder sich dazu gezwungen sehen), das Tempo der geldpolitischen Straffung zu drosseln. Im Ergebnis dürfte das zu niedrigeren Zinsen und einem günstigen Umfeld für Hochzinsanleihen führen.

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