Die US-Notenbank erhöht die Zinsen weiter sehr schnell, da ihr Hauptaugenmerk trotz der zunehmenden Wachstumssorgen weiterhin vor allem der steigenden Inflation gilt. Nach einem ähnlichen Zinsschritt im Juni hat die Fed den Leitzins im Juli erneut um 0,75% angehoben. Damit hatten die Märkte in diesem Jahr bereits vier Zinserhöhungen zu verdauen.

Vor diesem Hintergrund stellen sich für Anleger viele Fragen: Wie lange wird die Fed ihre Geldpolitik noch straffen? Befinden wir uns bereits in einer Rezession? Was bedeutet das alles für Festzinsanlagen als Anlageklasse?

Die Begleiterklärung und Pressekonferenz zur jüngsten Sitzung hielten für jeden etwas bereit. Der Markt scheint den Ton der Fed generell als relativ akkommodierend zu interpretieren – darauf lässt zumindest die Reaktion von Risikoanlagen schließen. Wir stimmen dieser Einschätzung nicht zu. Zu Beginn der Pressekonferenz stellte der Fed-Vorsitzende Jerome Powell klar, dass die US-Notenbank ihrem Inflationsziel von 2% verpflichtet bleibt und alles dafür tun wird, die Teuerung so weit zu senken. Wir gehen davon aus, dass die Fed trotz der zahlreichen Anzeichen für eine Konjunkturabschwächung, auf die wir in den letzten Monaten hingewiesen haben, vorerst an ihrer restriktiven Haltung festhalten wird.

Die Fed hat erkannt, dass die Wirtschaft an Fahrt verliert. Das ist eine erfreuliche Entwicklung für Anleger, die auf eine Zinspause hoffen. Bis es so weit ist, dürfte es aber noch eine Weile dauern. Die schwächeren Konsumausgaben und die Eintrübung am Immobilienmarkt sind nur zwei Faktoren, die auf eine potenziell signifikante Verlangsamung hindeuten. Ein greifbarer Beleg dafür sind die negativen US-BIP-Zahlen für das zweite Quartal (die das Land in eine „technische“, wenn auch noch nicht eine offizielle Rezession führen könnten).
Risiko einer tiefen Rezession
Die Fed (und Vertreter der US-Regierung) hat klargestellt, dass sich die USA ihrer Ansicht nach noch nicht in einer Rezession befinden. Dabei hat sie auf die Stärke des Arbeitsmarktes verwiesen, die sich unter anderem in einer niedrigen Arbeitslosenrate und positiven Beschäftigungszahlen zeigt. Auch dieser Einschätzung stimmen wir nicht zu. Die Zahlen vom Arbeitsmarkt zeigen, wie die Lage vor Kurzem war, und nicht, wie sie aktuell ist. Im Rahmen der jüngsten Berichtssaison haben viele US-Unternehmen angedeutet, dass sie einen Einstellungsstopp planen oder sogar Stellen abbauen wollen. Frühere Rezessionen begannen in der Regel mit positiven Beschäftigungszahlen.

Auch die Zinsprognosen haben gemischte Signale ausgesendet. Einerseits will die Fed nach Aussage ihres Vorsitzenden künftig von Sitzung zu Sitzung entscheiden, keine klaren Zinsprognosen mehr abgeben und zu einem vollständig datengestützten Ansatz zurückkehren. Andererseits bekräftigte Powell die jüngste Zinsprognose des Offenmarktausschusses der Fed (3,5% bis Jahresende und 4,0% im Jahr 2023). Damit war für jeden etwas dabei und der Gesamttenor nicht unbedingt akkommodierend.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Fed weiterhin entschlossen ist, die Inflation zu senken. Alles deutet darauf hin, dass sich das Wachstum weiter abschwächt und eine tiefe Rezession droht. In der Folge wird die Fed die Zinsen in den kommenden Monaten vermutlich in eine beginnende Rezession hinein anheben, bis größere (und wahrscheinlich schmerzhaftere) Schwächeanzeichen erkennbar sind.
Nicht im Einklang mit den Fundamentaldaten
Daher steht die jüngste Rally risikoreicherer Anlagewerte nicht im Einklang mit den Wirtschaftsindikatoren. Wir halten den Anleihenmarkt für einen besseren Indikator des aktuellen fundamentalen Umfelds. Die zwei- bis zehnjährige Zinskurve ist so invertiert wie seit den 2000er Jahren nicht mehr und die dreimonatige bis zehnjährige Zinskurve dürfte sich in die gleiche Richtung entwickeln. Vor allem aufgrund des nachlassenden Wachstums wird die Inflation letztlich sinken und die Fed wird ihre Politik lockern müssen. Entscheidend ist für uns, dass die Fed immer noch restriktiv ausgerichtet ist und dass die Risikomärkte das Ausmaß dieser restriktiven Ausrichtung möglicherweise falsch eingeschätzt haben.

Was bedeutet das für unsere Portfolios? Wir sehen weiterhin bedeutendes Wertpotenzial bei Staatsanleihen aus den USA und Australien sowie aus Südkorea und Neuseeland. Unserer Ansicht nach stellt der jüngste Rückgang der globalen Staatsanleihenrenditen nur den Anfang dar. Wir bevorzugen vorerst das lange Ende der Kurve, wo wir mit einer weiteren Inversion rechnen, da die Fed am kurzen Ende immer noch für Aufwärtsdruck sorgt und sich die längerfristigen Wachstumsaussichten weiter verschlechtern.
Verzögerter Effekt
Schätzungen zufolge dauert es etwa zwölf bis 18 Monate, bis sich Zinserhöhungen in der Realwirtschaft niederschlagen. Damit haben wir die volle Wucht der Straffung bisher vermutlich noch nicht zu spüren bekommen. Wir sehen auch Chancen am Markt für Hochzinsanleihen, bleiben hier aber vorsichtig für den Fall, dass die jüngste Rally zu weit gegangen ist. Wenn die Rezessionsängste zurückkehren, dürfte auch die Volatilität wieder zunehmen. Daher bevorzugen wir weiterhin defensive Sektoren, in denen wir uns vorzugsweise über besicherte Emissionen engagieren. Außerhalb der defensiven Marktbereiche bevorzugen wir Instrumente mit kürzerer Duration und idiosynkratischen oder branchenspezifischen Katalysatoren. Auf dem aktuell höheren Spreadniveau sehen wir auch attraktivere Anlagemöglichkeiten in Teilen des Investment-Grade-Marktes, zum Beispiel im Immobiliensektor.

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