Umweltrisiken dominieren die Aussichten für das nächste Jahrzehnt
In einem Artikel, der zuerst auf ESG Clarity veröffentlicht wurde, beleuchtet Abbie Llewellyn-Waters die globalen Risiken, die im jüngsten Global Risks Report des Weltwirtschaftsforums hervorgehoben wurden.

Dieser Artikel wurde zuerst auf ESG Clarity veröffentlicht.
Jedes Jahr im Januar veröffentlicht das Weltwirtschaftsforum (WEF) seinen Global Risks Report, in dem die größten globalen Risiken nach ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und der Schwere ihrer Auswirkungen bewertet werden. 2020 war ein historisches Jahr für diesen Bericht:1 Zum ersten Mal in der Geschichte des Berichts belegten Umweltrisiken die fünf ersten Plätze. Die führenden globalen Entscheidungsträgern waren sich einig über die größten systemischen Risiken für die Welt: Extremwetter, Versagen beim Klimaschutz, Verlust der Artenvielfalt, Naturkatastrophen und die Umweltzerstörung durch den Menschen.
Doch dann brach die Pandemie aus und jegliche Normalität war passé. Zum Jahresanfang 2022 beschäftigen uns die künftige Ausrichtung der Geldpolitik und die Auswirkungen der Inflation auf die Wirtschaft und die Kaufkraft der privaten Haushalte. Angesichts der dramatischen täglichen Kursausschläge an den Märkten ist die Fokussierung auf langfristige Entwicklungen jedoch wichtiger denn je.
Die Risiken durch den Klimawandel und andere Umweltherausforderungen sind nicht geringer geworden. Der Global Risks Report 2022 des WEF2 macht den dringenden Handlungsbedarf erneut deutlich. Als größte Bedrohungen für die Weltwirtschaft bezeichnet der Bericht das Versagen beim Klimaschutz, Extremwetter und den Verlust an Artenvielfalt. Eine Kapitalallokation, die darauf ausgerichtet ist, einen Beitrag zu einer kohlenstoffarmen, ressourceneffizienten und inklusiven Welt zu leisten, bleibt eines der zentralen Ziele unseres Investmentansatzes. Für uns ist verantwortungsvolles, nachhaltiges Investieren heute wichtiger denn je.
Maßnahmen zum Klimaschutz
In diesem Jahr werden die globalen Entscheidungsträger mehrere Gelegenheiten haben, um sich auf eine schnellere Umsetzung wichtiger politischer Maßnahmen zu einigen. COP15, die im Oktober 2021 begonnene Vertragsstaatenkonferenz zur Biodiversität, soll im April 2022 im chinesischen Kunming fortgesetzt werden. Nach der verschobenen, im November in Glasgow abgehaltenen COP26 soll die nächste UN-Klimakonferenz COP27 im November in ägyptischen Sharm El-Sheikh stattfinden.
Nachdem in Glasgow die Weichen für Maßnahmen zur Emissionsreduzierung und zum Erhalt der Artenvielfalt gestellt wurden, wird COP27 eine wichtige Gelegenheit für die Länder darstellen, ihre Mechanismen zur Ambitionssteigerung zum Tragen zu bringen. Die Ergebnisse der COP26 gehen zwar noch nicht weit genug, aber die Richtung ist klar. Wir sind seit einiger Zeit der Meinung, dass eine globale Zusammenarbeit zur CO2-Bepreisung notwendig ist, und COP26 hat diesbezüglich eine positive Dynamik in Gang gesetzt.
Die Regierungen haben sich dazu verpflichtet, ihre Klimaziele für 2030 zu überprüfen und zu stärken, um sie mit dem Ziel des Pariser Abkommens in Einklang zu bringen, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Wir sind optimistisch, dass die dafür notwendigen Schritte jetzt eingeleitet werden – der Preis der Untätigkeit ist hoch. Wenn gegen den Klimawandel nichts unternommen wird, hätte dies dem jüngsten Global Risks Report des WEF zufolge nicht nur verheerende Auswirkungen für die Menschen und den Planeten, sondern würde auch 4% bis 18% des globalen BIP kosten, mit regional unterschiedlichen Folgen.3 Nachdem die USA und China ihr gemeinsames Engagement für den Klimaschutz bekräftigt haben, erwarten wir eine engere globale Zusammenarbeit und eine genauso schnelle wie gerechte Umstellung auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft.
Als Investoren erwarten wir von den Unternehmen eine konsequente und unumkehrbare Dekarbonisierung ihrer Prozesse. Unternehmen, die in der Lage sind, ihre CO2-Emissionen nennenswert zu reduzieren, anstatt sie nur zu kompensieren, werden unserer Ansicht nach besser aufgestellt sein, um nachhaltige Renditen zu generieren, da Klimakosten zunehmend internalisiert werden, die Unternehmen also die gesellschaftlichen Kosten ihrer klimaschädigenden Aktivitäten selbst tragen müssen.
Gratwanderung
Nach Klima- und Umweltrisiken finden sich unter den Top 5-Risiken im Global Risks Report 2022 auch zwei soziale Risiken: die ‚Erosion des sozialen Zusammenhalts‘ und ‚Existenzkrisen‘. Der Aufstieg dieser Risiken ist erschreckend. Nachdem sie vor einem Jahr erstmals überhaupt unter den Top 10 auftauchten, haben sie dramatisch an Bedeutung gewonnen. Die Auswirkungen des Coronavirus auf das weltweite soziale Gefälle sind bekannt und die andauernde Bedrohung durch die Krankheit hat die Ungleichheit verschärft. Die globalen Einkommensunterschiede dürften weiter zunehmen. Wenn nichts unternommen wird, könnten nach Schätzungen der Weltbank bis 2030 51 Millionen mehr Menschen in extremer Armut leben als vor der Pandemie. Die Grenze für extreme Armut wird bei einem Einkommen von 1,90 Dollar pro Tag angesetzt.4
Diese eklatanten Statistiken machen deutlich, wie wichtig es ist, dass der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Zukunft ein gerechter Übergang ist, der Maßnahmen gegen den Klimawandel mit sozialer Gerechtigkeit verbindet. Auf der COP26 war der ‚gerechte Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft‘ zum ersten Mal ein zentraler Bestandteil des Abkommens, mit dem anerkannt wurde, dass die Lasten der Bekämpfung des Klimawandels gerecht verteilt werden müssen.
Wir gehen davon aus, dass die politischen Entscheidungsträger an dieser Rhetorik festhalten werden, zumal die COVID-Impfquoten in den ärmsten Teilen der Welt weiterhin niedrig sind. Dem jüngsten Global Risks Report des WEF zufolge sind fast 70% der Bevölkerung in Ländern mit hohem Einkommen vollständig geimpft, während es in Ländern mit niedrigem Einkommen nur 4,3% sind.
Neben den offensichtlichen gesundheitlichen Auswirkungen für die Betroffenen haben niedrige Impfquoten negative Folgewirkungen für die Verfügbarkeit von Arbeitskräften und ihre Produktivität, die zu Unterbrechungen der Lieferkette führen und den Konsum dämpfen können. Wie beim Klimawandel erfordert eine umfassende Bekämpfung von COVID eine koordinierte globale Antwort, die den Bedürfnissen und Anforderungen aller, nicht nur der entwickelten Volkswirtschaften, Rechnung trägt.
Die im vergangenen Jahr erstmals geführten Gespräche über eine Entschädigung besonders gefährdeter Länder für Verluste und Schäden durch den Klimawandel ebnen den Weg für Finanzierungsverpflichtungen der reicheren Länder gegenüber Ländern mit geringerem Einkommen. Die Industrieländer blicken auf mehr als hundert Jahre eines beispiellosen Wirtschaftswachstums zurück, das mit erheblichen Umweltkosten verbunden gewesen ist. Für den Erfolg der globalen Klimaschutzmaßnahmen muss eine ähnliche Umweltkrise in den Entwicklungs- und Schwellenländern vermieden werden.
Investmentausblick
Eine ausgewogene Ausrichtung auf die „drei Ps“ – People, Planet, Profit – und damit einen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Mehrwert ist entscheidend für die Bewältigung der größten Bedrohungen für die langfristige Gesundheit der Weltwirtschaft. Diese Risiken und Herausforderungen eröffnen jedoch auch enorme Chancen für Unternehmen, die sich als Vorreiter des Übergangs zu einer nachhaltigeren Welt positionieren, indem sie zu einer raschen Dekarbonisierung beitragen und sich für eine gerechtere Welt einsetzen. Durch gezielte Investitionen in diese Unternehmen können Asset Manager langfristig attraktive finanzielle Renditen für ihre Kunden generieren und ihr Kapital in messbare positive Veränderungen lenken.
1The Global Risks Report 2020 | World Economic Forum (weforum.org)
2Global Risks Report 2022 | World Economic Forum (weforum.org)
3 World Economic Forum Global Risks Report 2022. Seite 31.
4World Economic Forum Global Risks Report 2022. Seite 16.
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