Anleihen: Wird sich Amerikas politisches Pokerspiel auszahlen?

Mark Nash wirft einen genaueren Blick auf Trumps Pläne zur Neuausrichtung der US-Wirtschaft und ihre möglichen Auswirkungen auf US-Staatsanleihen und den US-Dollar.
15 Mai 2025 7 Minuten

Populistische Parteien sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen und greifen das neoliberale globale System an, von dem sich so viele im Stich gelassen fühlen. Das Ergebnis ist ein drastisch verändertes weltpolitisches Umfeld, geprägt von einer nationalistischen Politik und einem wachsenden staatlichen Einfluss, einem zunehmenden Misstrauen zwischen den Nationen und einer stärkeren Priorisierung der Arbeiterinteressen gegenüber denen der Unternehmen. So endet die Globalisierung. Das hat weitreichende Auswirkungen auf die Finanzmärkte.

So chaotisch seine zweite Amtsperiode auch begonnen haben mag - US-Präsident Donald Trump hat einen Plan, wie er das Leben seiner Wähler verbessern und die nationale Sicherheit stärken will. Sein Finanzminister Scott Bessent hat diesen Kurswechsel klar artikuliert: Geplant ist eine stärkere Verlagerung von einer konsumorientierten zu einer investitionsgetriebenen Wirtschaft. Dadurch sollen Potenzialwachstum und Produktivität gesteigert und bessere Perspektiven für Arbeitnehmer geschaffen werden.

Im ersten Schritt sieht der Plan eine Senkung der Staatsausgaben vor. Das würde niedrigere Zinsen ermöglichen und die Finanzierung der als unhaltbar hoch angesehenen Staatsverschuldung erleichtern. Die expansive Fiskalpolitik der letzten Jahre hat die Inflation angeheizt und zu höheren Zinssätzen geführt, was die Investitionen des privaten Sektors gedämpft und die Ungleichheit weiter verschärft hat. Jetzt soll der Privatsektor einspringen und die Investitionslücken füllen, die sich durch die Kürzung der Staatsausgaben auftun. Neben einer Senkung der Unternehmenssteuern hat die Regierung eine Deregulierung des Bankensektors eingeleitet, um den Weg für eine entsprechend höhere Kreditvergabe zu ebnen. Die Lockerung der Vorschriften zur Energieproduktion soll helfen, die Energiepreise zu dämpfen, was niedrigere Zinsen und Verbraucherpreise ermöglichen würde. Durch höhere Zölle werden inländische Unternehmen abgeschottet und die Rückverlagerung von Produktion in die USA gefördert, damit US-Unternehmen auch bei einem starken Dollar wettbewerbsfähig sind.

Ziel ist es, die Fertigungsindustrie zurückzuholen, einen investitionsintensiveren Sektor mit einer höheren Produktivitätsrate. So sollen die Position der USA in einem fragmentierten geopolitischen Umfeld gesichert und besser bezahlte Arbeitsplätze geschaffen werden.

Wechselkursbewegungen

Mehrere Zweit- und Drittrundeneffekte werden dazu beitragen, diese Ziele zu erreichen. Auch wenn zuletzt vor allem über das Handelsdefizit gesprochen wurde – die Bewegungen auf den Devisenmärkten werden nicht von den Handelsströmen bestimmt, sondern von globalem Kapital auf der Suche nach Rendite. Die letzten mehr als 20 Jahre waren von einer chronischen Nachfrageschwäche in Märkten außerhalb der USA geprägt. Dadurch haben amerikanische Verbraucher Waren aus dem Rest der Welt gekauft. Diese Einnahmen wurden dann am US-Finanzmarkt investiert, was die Preise von US-Vermögenswerten und den Dollar gestützt hat. Dieser Prozess führte zu einem noch größeren Leistungsbilanzdefizit der USA, Wohlstandsgewinnen und einem höheren Konsum, in der Folge jedoch auch zu einer Aushöhlung der Produktionsbasis, einer Schwächung der nationalen Sicherheit und einer Umwandlung der USA in eine Dienstleistungswirtschaft mit stagnierenden Löhnen. Im derzeitigen dollarbasierten System gibt es nichts, was dieses Ungleichgewicht korrigieren könnte.

Die Globalisierung hat den Unternehmen genutzt, nicht den Arbeitnehmern

Chart 1 Quelle: BLS, Fed, BEA

Handel oder Zölle stehen in einer direkten Verbindung mit Kapitalflüssen. Durch eine Änderung der Regeln kann diese Rückkopplungsschleife umgekehrt werden, was zu einem schwächeren Dollar führt. Geopolitische Spannungen werden auch andere Staaten dazu veranlassen, ihre Binnennachfrage anzukurbeln, wenn sie sich in Handelsfragen und in der Verteidigung nicht mehr auf die USA verlassen können. Deutschland und China haben aus diesem Grund bereits Konjunkturpakete aufgelegt. Aufgrund der weltweit hohen Dollarschulden wird ein schwächerer Dollar auch zu einer deutlichen Lockerung der globalen Finanzierungsbedingungen führen. Dies wird es den Zentralbanken der Schwellenländer ermöglichen, die Zinsen zu senken, ohne sich Sorgen um eine Destabilisierung ihrer Finanzsysteme machen zu müssen.

Zölle und Rezessionsrisiken

Das zumindest ist der Plan, der allerdings mit Risiken behaftet ist. Ein solcher Prozess muss sehr sorgfältig und schrittweise umgesetzt werden. Zölle wirken wie Steuern. Sie entziehen der Wirtschaft Geld und belasten sowohl Verbraucher als auch Unternehmen. Das könnte den Optimismus dämpfen, der für die relative Stärke der USA verantwortlich ist. Die realen Haushaltseinkommen könnten sinken, was die Gewinnmargen der Unternehmen schmälern und zu Umsatzverlusten führen könnte. Alle diese Faktoren sind dafür verantwortlich, dass die US-Wirtschaft so lange dominiert hat: Die Unternehmen keines anderen Industrielands haben so sehr von der Globalisierung profitiert wie die der USA. Ein Vertrauensverlust bei Verbrauchern und Unternehmen könnte eine Rezession auslösen. Und solange die Inflation über dem Zielwert der US-Notenbank liegt, könnten höhere Zölle diese daran hindern, die Zinsen zu senken. Schließlich war es der Rückgang der Güterpreise, der seit 2022 zu einer Abkühlung der Inflation beigetragen hat, während die Dienstleistungspreise stabil geblieben sind.

Seit Trumps „Liberation Day“ haben sich die Ereignisse überschlagen. Inzwischen scheint jedoch wieder etwas mehr Besonnenheit einzukehren. Bessent weiß, dass Märkte bei Laune gehalten werden müssen. Durch eine Rezession ließe sich das Handelsdefizit leicht verringern. Das ist jedoch in niemandes Interesse. Mit einer Reihe von Deals soll der Schaden jetzt begrenzt werden. Selbst im Falle Großbritanniens bleibt jedoch ein Basiszollsatz von 10% bestehen. Damit steht Großbritannien nicht besser da als vor Trumps „Tag der Befreiung“. Andere Länder dürfen keine bessere Behandlung erwarten - schließlich weist Großbritannien noch nicht einmal einen Handelsüberschuss gegenüber den USA auf. Trumps pauschaler Ansatz ist auch dadurch wenig sinnvoll, dass die USA nicht alles selbst produzieren können und an einigen Branchen überhaupt kein Interesse haben. So erwarten wir einfache Einigungen mit Ländern (vor allem Schwellenländern), die weniger komplexe Güter (Möbel, Holz, Bekleidung) und Rohstoffe exportieren. Exporteure von High-End-Produkten (Mobiltelefone, Autos, Maschinen) dürften es dagegen schwerer haben.

Die Zölle werden bleiben, könnten aber gezielter angewendet werden. Eine Neuausrichtung der Wirtschaft ist jedoch kein Selbstläufer (wie Großbritanniens Wachstumsraten zeigen) - gelingen wird sie nur mit einem privaten Sektor, der Vertrauen in die Wirtschaftspolitik hat und wirklich mitzieht. Unabhängig davon wird die Produktivität der USA kurzfristig leiden, auch wenn die Chance besteht, dass die Weltwirtschaft bis 2026/27 dynamischer und ausgewogener dasteht als heute.

Anleihenmärkte im Fokus

Wenn jemals ein guter Zeitpunkt für ein derartiges Experiment der USA war, dann jetzt. Eine Rezession ist keineswegs vorprogrammiert. Die finanzielle Lage der Verbraucher und die Bilanzen der Unternehmen sind sehr robust und weisen nur wenig Ungleichgewichte auf, wie der starke Konsum und die bemerkenswerte Performance der Unternehmen im postpandemischen Umfeld steigender Zinsen gezeigt haben. Die rekordhohe Profitabilität der US-Unternehmen und der rekordhohe Wohlstand der USA haben die Weltwirtschaft am Laufen gehalten - und tun es weiterhin, wie die unverändert robusten Konjunkturdaten zeigen. Ob es dabei bleibt, wird vor allem davon abhängen, wie die Unternehmen reagieren, wenn ihre Gewinne sinken - ob sie zum Beispiel anfangen, Personal abzubauen. Die US-Administration bemüht sich nun, dies zu verhindern, da sie erkannt hat, dass die Fed nichts ausrichten kann, wenn die Regierung zu aggressiv vorgeht.

Sinkende Kurse von US-Vermögenswerten und ein schwächerer Dollar scheinen unvermeidbar, von der US-Regierung sogar geradezu begrüßt zu werden. Aber wie sieht es am Anleihenmarkt aus?

Unter zeitlichen Gesichtspunkten ist dies ein größeres Problem, da der Anleihenmarkt weiter durch die hohen Staatsschulden und Haushaltsdefizite unter Druck steht. Tatsächlich betrug das Defizit der USA in den 7 Monaten bis April 1,05 Billionen US-Dollar und war damit um 23% höher als ein Jahr zuvor. Das lässt Zweifel aufkommen, ob die Zolleinnahmen ausreichen werden, um diese Lücke zu schließen, zumal die Staatsausgaben weiterhin sehr hoch sind. Ein Blick auf den Rest der Welt und die derzeit zu beobachtenden geopolitischen Verschiebungen lässt vermuten, dass sich daran so bald nichts ändern wird.

Die fiskalpolitisch bedingte Risikoprämie auf US-Anleihen steigt

Chart 1 Quelle: Bloomberg

Die US-Zinsen sind weiterhin so hoch, dass sie restriktiv wirken und die Schuldenkosten erhöhen. Eine Stagflation ist gleichbedeutend mit einem schwächeren Wachstum und einer höheren Inflation. Dadurch sinken die Steuereinnahmen. Entlastende Zinssenkungen sind jedoch nicht in Sicht. Das kann mehr Anleihenemissionen erforderlich machen. Ein Handelskrieg führt auch zu einer geringeren Nachfrage nach US-Vermögenswerten und Dollars, vor allem in Ländern, die zwischen die Fronten geraten. Dadurch werden die Zinskurven steiler. In einem Umfeld gestörter Handels- und Kapitalströme verlieren Anleihen ihr Diversifikationspotenzial. Das macht sie aus Anlegersicht noch weniger attraktiv. Solange sich nichts ändert, wird der Markt US-Anleihen meiden und die Form der Zinsstrukturkurve wird die Glaubwürdigkeit der US-Politik widerspiegeln. Das macht das Vorgehen der US-Administration noch problematischer und ist zweifellos der Grund für die jüngste Kehrtwende in Reaktion auf die negativen Auswirkungen der höheren Zinsen.

Mit ihrem radikalen politischen Experiment will die US-Administration vor allem zwei Dinge erreichen: den Wiederaufbau der heimischen Produktionsbasis durch ein investitionsgetriebenes Wachstum und die Stärkung der seit Jahren stagnierenden Realeinkommen der Arbeitnehmer. Mittel- bis langfristig könnte der politische Kurswechsel der US-Wirtschaft zugute kommen. Auf dem Weg dahin muss jedoch kurzfristig mit einem schwächeren Wachstum, einer höheren Inflation und einem noch größeren Haushaltsdefizit gerechnet werden. Der Regierung steht in jedem Fall eine Gratwanderung bevor. All dies wird weitreichende Auswirkungen auf die Finanzmärkte haben. Ich gehe davon aus, dass der Anleihenmarkt das Vorgehen der US-Regierung sehr genau verfolgen wird.

Footnotes

1 Monthly Treasury Statement (MTS) | U.S. Treasury Fiscal Data

Jupiter Strategic Absolute Return Bond Fund

Explore
The value of active minds: unabhängige Denkansätze

Ein wesentliches Merkmal des Investmentansatzes von Jupiter ist, dass wir unseren Fondsmanagern keine Hausmeinung aufdrücken, sondern ihnen die Freiheit geben, eigene Ansichten zu den Anlageklassen zu formulieren, auf die sie sich spezialisiert haben. Daher ist zu beachten, dass alle geäußerten Ansichten – einschließlich derjenigen, die sich auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Erwägungen beziehen – die des Autors/der Autoren sind und von den Ansichten anderer Jupiter-Anlageexperten abweichen können.

Wichtige Hinweise

Dieses Dokument richtet sich nur an professionelle Investoren und nicht an sonstige Personen. Dieses Dokument dient ausschließlich zu Informationszwecken und stellt keine Anlageempfehlung dar. Markt- und Wechselkursschwankungen können dazu führen, dass der Wert von Anlagen steigt oder fällt, und es ist möglich, dass Sie bei der Rückgabe Ihrer Anteile nicht den vollen Anlagebetrag zurückerhalten. Die hier geäußerten Meinungen sind die der genannten Personen zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels. Sie stimmen nicht notwendigerweise mit den Meinungen von Jupiter insgesamt überein und können sich ändern. Das gilt insbesondere in Phasen, in denen sich das Marktumfeld sehr schnell verändert. Während alle Anstrengungen unternommen werden, um die Genauigkeit der dargestellten Informationen sicherzustellen, kann diesbezüglich keine Haftung übernommen werden. Die Beispiele für Positionen dienen nur zur Illustration und sind nicht als Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren zu verstehen. Herausgegeben im Vereinigten Königreich von Jupiter Asset Management Limited (JAM), eingetragener Gesellschaftssitz: The Zig Zag Building, 70 Victoria Street, London, SW1E 6SQ, Vereinigtes Königreich, zugelassen und beaufsichtigt durch die Financial Conduct Authority. Herausgegeben in der EU von Jupiter Asset Management International S.A. (JAMI), eingetragener Gesellschaftssitz: 5, Rue Heienhaff, Senningerberg L-1736, Luxemburg, zugelassen und beaufsichtigt von der Commission de Surveillance du Secteur Financier. Kein Teil dieses Dokuments darf ohne vorherige Genehmigung von JAM/JAMI/JAM HK reproduziert werden.
Dieses Dokument richtet sich nur an professionelle Investoren * und nicht an sonstige Personen einschließlich Privatanlegern. Dieses Dokument dient ausschließlich zu Informationszwecken und stellt keine Anlageempfehlung dar. Markt- und Wechselkursschwankungen können dazu führen, dass der Wert von Anlagen steigt oder fällt, und es ist möglich, dass Sie bei der Rückgabe Ihrer Anteile nicht den vollen Anlagebetrag zurückerhalten. Die hier geäußerten Meinungen sind die der genannten Personen zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels. Sie stimmen nicht notwendigerweise mit den Meinungen von Jupiter insgesamt überein und können sich ändern. Das gilt insbesondere in Phasen, in denen sich das Marktumfeld sehr schnell verändert. Während alle Anstrengungen unternommen werden, um die Genauigkeit der dargestellten Informationen sicherzustellen, kann diesbezüglich keine Haftung übernommen werden. Die Beispiele für Positionen dienen nur zur Illustration und sind nicht als Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren zu verstehen. Herausgegeben im Vereinigten Königreich von Jupiter Asset Management Limited (JAM), eingetragener Gesellschaftssitz: The Zig Zag Building, 70 Victoria Street, London, SW1E 6SQ, Vereinigtes Königreich, zugelassen und beaufsichtigt durch die Financial Conduct Authority. Herausgegeben in der EU von Jupiter Asset Management International S.A. (JAMI), eingetragener Gesellschaftssitz: 5, Rue Heienhaff, Senningerberg L-1736, Luxemburg, zugelassen und beaufsichtigt von der Commission de Surveillance du Secteur Financier. Für Anleger in Hongkong: Von Jupiter Asset Management (Hongkong) Limited (JAM HK) herausgegeben und nicht von der Securities and Futures Commission geprüft. Kein Teil dieses Dokuments darf ohne vorherige Genehmigung von JAM/JAMI/JAM HK reproduziert werden.


*In Hongkong bezieht sich der Begriff „professionelle Anleger“ auf die Definition der Securities and Futures Ordinance (Kap. 571 der Gesetze von Hongkong) und in Singapur auf „institutionelle Anleger“ gemäß der Definition in Abschnitt 304 des Securities and Futures Act, Kapitel 289 von Singapur.